In der Weimarer Republik gibt es viele soziale Errungenschaften, die das Leben der Menschen deutlich verbessern. So werden der Achtstunden-Arbeitstag und die Arbeitslosenversicherung eingeführt, Arbeitsämter eingerichtet und Frauen durch die Weimarer Verfassung dem Mann gesetzlich gleichgestellt. Auch Gewerkschaften werden nicht mehr nur argwöhnisch vom Staat geduldet, sondern sind gesetzlich und als gleichberechtigte Tarifpartner anerkannt.
Einige Handwerke entwickeln sich geradezu zu Frauenmagneten. Die meisten Ateliers für Fotografie um 1930 sind in Frauenhand.
Frauen werden in der Weimarer Republik erheblich schlechter bezahlt als Männer. Sekretärinnengehälter liegen 18% unter dem Durchschnittseinkommen. Das hat zur Folge, dass sie im Grunde nicht von eigener Arbeit leben können.
Das Beispiel dieser jungen Pferdeomnibusschaffnerin zeigt die neuen Berufsmöglichkeiten für Frauen. Dennoch bleibt der häufigste Beruf der der Ehefrau und Mutter. Die so genannte Doppelverdienerkampagne fordert Frauen direkt auf, Männern nach der Eheschließung die Arbeit nicht mehr "wegzunehmen".
Trotz des Ausübens selbstbestimmter Berufe, wie es hier die Arbeiterinnen in einer Seifenfabrik um 1929 tun, sind Ehen nach wie vor patriarchal geregelt. Der Mann hat meist das Sagen.
Der klassische Frauenberuf der Weimarer Republik ist eine Bürotätigkeit. Offen sind Frauen theoretisch jedoch alle Berufe.
Diese Badeanzüge der Jahre 1909 und 1929 zeigen den Quantensprung in der Freizügigkeit der Mode. Dennoch, die meisten Badeanzüge der Zeit verhüllen noch den halben Oberschenkel und den Oberkörper. Von der Freizügigkeit heutiger Badeanzüge und Bikinis sind sie weit entfernt.
Wie der US-Star Molla Mallory auf dem internationalen Tennisturnier in Wimbledon 1927 lassen sich viele Frauen gern mit dem Tennisschläger fotografieren. Tennis ist angesagt und beeinflusst die Mode nachhaltig. Die moderne Frau unterstreicht durch die Wahl modischer Accessoires und "angesagter" Freizeitbeschäftigungen den Charakter ihres selbstbestimmten Lebens.
„The Flying Fräulein“ Thea Rasche ist die erste deutsche Kunstpilotin. 1928 überquert sie als erste Frau den Atlantik. Nach zahlreichen Spendensammlungen in Deutschland und Amerika muss sie von ihrer Unternehmung aufgrund der Veruntreuung ihrer Gelder absehen. Dennoch trägt sie wesentlich dazu bei, den Flugsport für Frauen populär zu machen.
Schülerinnen des Schüler-Ruder-Verbandes bringen die "Windsbraut" zur ersten Anfahrt ins Wasser auf die Spree in Oberschöneweide. Mädchen und Frauen können dank der Befreiung vom Korsett ihr Leben sportlich aktiver gestalten, weshalb erstmalig zahlreiche weibliche Sportvereine entstehen.
In der Weimarer Zeit bildet sich ein Berufsstand heraus, der für uns heute völlig normal ist: die Angestellten. Durch die zunehmende Technisierung und Bürokratisierung der Industrie werden sie gebraucht. Ihre ,weißen Krägen‘ und ,weißen Hemden‘ heben sie von Industriearbeitern ab.
Die Angestellten bilden den so genannten „neuen Mittelstand“, das heißt sie stehen zwischen den Arbeitern und der Oberschicht. Einerseits sind sie wie die Arbeiter abhängig beschäftigt und verdienen kaum mehr als diese. Andererseits verrichten sie keine körperliche Arbeit und orientieren sich daher an der Oberschicht. Das spürt man in der Mode und im Freizeit- wie Konsumverhalten.
1930 gibt es 3,5 Millionen Angestellte, davon sind 1,2 Millionen weiblich. Für die Frau ist damit ein wesentlicher Schritt zur eigenen Unabhängigkeit geschafft. Trotzdem setzt sich die Geschlechterteilung in unterschiedlichen Berufsbildern fort: Frauen werden vorzugsweise Sekretärinnen, Stenotypistinnen und Telefonistinnen. Mit Grammophonmusik wie hier in einem Berliner Büro geht die Arbeit sicher leichter von der Hand.
Ungefähr ein Drittel aller Angestellten ist in eigenen Angestellten-Gewerkschaften organisiert. Eine eigene Vertretung ist wichtig, wie die berühmte Studie Siegfried Kracauers von 1930 zeigt: Denn ältere Angestellte, denen gekündigt wird, haben kaum eine Chance zu einem Neuanfang.
Nach dem Krieg steht Deutschland vor den eigenen Trümmern. Soziale und gesellschaftliche Verbesserungen müssen her. Deshalb werden soziale Rechte in die Verfassung von 1919 aufgenommen. Jeder Deutsche erhält einen gesetzlichen Anspruch auf eine Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung. Ein Vorbild für diese Reformen ist die Sozialgesetzgebung Otto von Bismarcks aus dem 19. Jahrhundert.
Zunächst müssen die Wunden des Krieges geheilt werden. Mehr als zwei Millionen Kriegsbeschädigte erhalten seit 1919 eine feste Rente. Hinzu kommen ca. 533.000 Witwen und 1,2 Millionen Waisen. Der Staat übernimmt die Rolle des Fürsorgers und stürzt sich dabei in immense Kosten.
Jetzt muss die Wirtschaft angekurbelt werden. Dazu sollen alle gemeinsam anpacken und auch der einfache Arbeiter zu seinem Recht kommen. Eine kleine Sensation damals: Der Arbeitstag wird auf acht Stunden begrenzt. Was für uns heute alltäglich ist, war 1918 ein großer Sieg für die Arbeiter.
Dieses einfache Prinzip machen sich 1918 die Arbeiter zunutze. Gewerkschaften werden nicht mehr nur argwöhnisch vom Staat geduldet, sondern sind gesetzlich und als gleichberechtigte Tarifpartner anerkannt. Durch Tarifverträge können sie ab jetzt gemeinschaftlich ihre Position gegenüber den Arbeitgebern stärken.
Auch die Frauen profitieren von den besseren Arbeitsbedingungen. Sie sind seit der Weimarer Verfassung von 1919 dem Mann gesetzlich gleichgestellt, dürfen wählen und Anwältinnen oder Hochschullehrerinnen werden. Seit 1927 gilt für sie ein gesetzlicher Kündigungsschutz von sechs Wochen vor und nach einer Geburt.
1927 verabschiedet das Parlament nach langen Debatten endlich eine umfassende Arbeitslosenversicherung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen je zur Hälfte ein. Erwerbslose Frauen erhalten allerdings weniger Geld als arbeitslose Männer. Im Bild die Stempelkarte für den Erhalt des Arbeitslosengeldes.
Kinder und Jugendliche sind dem Staat besonders wichtig. 1925 wird die Kinderarbeit in allen Berufen verboten. Seit 1922 übernimmt der Staat die gesetzliche Verantwortung für die Bildung der Kinder, trennt im Einzelfall sogar Kinder von ihren Eltern, wenn das Vorrecht der Eltern auf Erziehung missbraucht wird.
Staatsbürgerkunde wird deshalb als Schulfach eingeführt. Ausgerüstet mit vom Staat spendierten Verfassungsexemplaren werden alle Schüler fortan in Sachen Demokratie und Völkerverständigung unterrichtet.
Schon bald stocken die Reformen. 1923 besetzen belgisch-französische Truppen das deutsche Ruhrgebiet. Die Arbeiter im Ruhrgebiet verweigern die Arbeit. Deutsche Arbeitgeber drängen daraufhin zur Aufweichung des Achtstundentages, um die fehlende Arbeitskraft auszugleichen. Die Gewerkschaften haben dem wenig entgegen zu setzen – ihre Kassen sind leer und ihr politischer Einfluss ist letztendlich begrenzt.
Kinder gelten im Kaiserreich als begriffsstutzig, egoistisch und zerstörungswütig. Mit Strenge sollen sie deshalb zu folgsamen Untertanen erzogen werden. Durch Kriegsspielzeug ist militärische Disziplin Teil des kindlichen Spiels. Psychischer Druck und die Prügelstrafe gehören zum Schulalltag.
Reformpädagogen sehen in Kindern jedoch gutwillige, lernfreudige und ernst zu nehmende Wesen. Theorien zur kindnahen Erziehung gibt es schon seit dem 18. Jahrhundert, zum Beispiel von Jean-Jacques Rousseau, Johann Heinrich Pestalozzi, Friedrich Fröbel und Ellen Key. Doch erst in der Weimarer Republik werden sie ausprobiert.
Alle Richtungen der Reformbewegung wollen die demütigenden und gewaltbestimmten Erziehungsmethoden des Kaiserreichs überwinden. Wie genau das gehen soll, darüber scheiden sich die Geister.
Fragen zu stellen ist für alle Kinder völlig natürlich, davon ist der Reformpädagoge Berthold Otto überzeugt. Deshalb setzt er sich dafür ein, dass in der Familie und der Schule Fragen ernst genommen werden – nur so könne Unterricht auf natürliche Weise stattfinden. Für Otto beginnt Bildung schon in der Familie.
So denken die Anhänger der Landheimbewegung mit ihrem Vordenker Gustav Wyneken. Im Gegensatz zu Berthold Otto und in Anlehnung an Rousseau wollen sie die Kinder in geschützter Atmosphäre ohne den Einfluss der Eltern erziehen. Die Internate sind auf dem Land angesiedelt, auch um die Kinder vom angeblich schlechten Einfluss der Großstädte fernzuhalten.
Die Anhänger der Arbeitsschulbewegung finden, dass leichte Arbeit wie beispielsweise Handarbeit die Kinder selbständiger, ergebnisorientiert und einsichtiger macht – alles Eigenschaften, die ein Staatsbürger brauche. Dahinter steht der sozialistische Gedanke, dass erfüllende Arbeit den Menschen sich selbst näher bringt und damit glücklicher macht.
Viele verschiedene Forderungen sind Teil des Konzepts der Jenaplanschule von Peter Petersen und werden seit den 1920er Jahren umgesetzt. Wichtigstes Ziel ist, die Kinder durch selbsttätiges Arbeiten, gemeinschaftliches Zusammenarbeiten und Mitverantwortung in ihrer Individualität zu fördern und zu starken Persönlichkeiten zu erziehen. Jenaplanschulen gibt es heute überall in Europa.
Auch sie gibt es bis heute: Die Waldorfschule. 1919 wird sie von Rudolf Steiner für Arbeiterkinder in Stuttgart eröffnet. Auch Steiner will die Kinder ganzheitlich und nach ihren Neigungen erziehen – sie also nicht einfach zu reinen Wissensmaschinen ausbilden. Heute gibt es auf der Welt über 1000 Waldorfschulen, die meisten davon in Deutschland, den USA und den Niederlanden.
Aber wie bei so vielen Experimenten drohen auch bedenkliche Entwicklungen. Manche der reformpädagogischen Ansätze wurden und werden von völkischen, antidemokratischen Denkrichtungen unterwandert und instrumentalisiert. Und auch die Enttabuisierung der kindlichen Sexualität hatte ihre Schattenseiten, die alles andere als zum Wohle der Kinder war. Bild: Odenwaldschule
Dennoch, viele pädagogische Ansätze der Weimarer Zeit haben sich bis heute erhalten: Kindgerechtes und gewaltfreies Unterrichten, die Stärkung der Persönlichkeit und Förderung individueller Fähigkeiten. Und was am wichtigsten ist: Die Erkenntnis, dass pädagogische Konzepte immer wieder neu ausgehandelt und angepasst werden müssen.
1918: Der Achtstundentag verändert die Gesellschaft. Plötzlich haben die Deutschen Freizeit! Platz Eins der Freizeitinteressen ist der Sport – vor dem Kino, Tanzabenden, Theaterbesuchen oder der Arbeit im eigenen Schrebergarten.
Entscheidend für die große Begeisterung am Sport sind die Medien. Das Radio holt Sportereignisse in die Wohnzimmer. Die Fachpresse wächst und macht die ersten Sportler zu Superstars, so auch den Boxer Max Schmeling. Sport wird Kult, auch wenn man lieber zuschaut als selber mitmacht.
Der Enthusiasmus für Sportereignisse nimmt nicht selten fanatische Dimensionen an, so dass sportbegeisterte Reporter sogar auf Bäume klettern, um wie hier ein Fußballspiel sehen zu können.
Eine Erfindung wird bald über Deutschland hinaus bekannt: Das Rhönrad, 1925 von Otto Feick erfunden. Das Besondere ist die Verbindung zwischen Turnen und Naturerlebnis, da vorzugsweise im Freien geübt wird. Heute ist das Rad in ganz Europa bekannt und sogar in Japan und Israel gibt es Rhönradvereine.
Über Sport wird von Anfang an viel gestritten. Arbeiter und Bürgerliche weigern sich, zusammen Sport zu treiben. Zusätzlich konkurrieren die Vereine miteinander. Dann streiten sich auch noch Turner und Sportler, wer der Bessere ist! Und nur sechs Prozent der Frauen sind in Sportvereinen eingetragen.
Dieser Meinung sind vor allem die bürgerlichen Turner. Für sie sind andere Sportarten englischer Import, bei dem es nur ums Gewinnen geht. Sie finden das egoistisch und gemeinschaftszerstörend. Den Turnern ist vor allem das Gemeinschaftserlebnis, Kräftigung und Ästhetik wichtig, wie auf dieser Photographie des 14. Turnfestes 1928 in Köln zu erkennen ist.
Die Arbeiter trennen Turnen und restliche Sportarten nicht so streng. Zerstritten sind sie dennoch. Die kommunistische Arbeitersportbewegung versucht, so viele Sportvereine wie möglich für sich zu gewinnen. 1928 wird es den sozialdemokratischen Sportlern zu bunt und sie schließen die Kommunisten aus dem gemeinsamen Sportbund aus.
Eine Sportart schafft es allerdings, Arbeiter und Bürgerliche sowie Menschen unterschiedlicher Herkunft zu verbinden: der Fußball. Die Begeisterung für einzelne Klubs ist riesig. 1928 ist der Fußball der liebste Sport der Deutschen, gefolgt von der Leichtathletik, Schießen, Pferdesport, Schwerathletik, Schwimmen, Autorennen, Rudern, Kegeln und Skifahren. Tennis und Golf sind weniger beliebt. Als Oberschichtensport sind sie bei vielen verpönt.
Der Staat will sich an den politischen Kämpfen um den Sport nicht beteiligen. Der Sportunterricht in der Schule soll vor allem Freude an der Bewegung vermitteln und sieht Sport als Teil einer ganzheitlichen Erziehung. Reformpädagogen steuern viele neue Ideen bei, die bis heute unseren Sportunterricht prägen.