In der Weimarer Zeit bildet sich ein Berufsstand heraus, der für uns heute völlig normal ist: die Angestellten. Durch die zunehmende Technisierung und Bürokratisierung der Industrie werden sie gebraucht. Ihre ,weißen Krägen‘ und ,weißen Hemden‘ heben sie von Industriearbeitern ab.
Die Angestellten bilden den so genannten „neuen Mittelstand“, das heißt sie stehen zwischen den Arbeitern und der Oberschicht. Einerseits sind sie wie die Arbeiter abhängig beschäftigt und verdienen kaum mehr als diese. Andererseits verrichten sie keine körperliche Arbeit und orientieren sich daher an der Oberschicht. Das spürt man in der Mode und im Freizeit- wie Konsumverhalten.
1930 gibt es 3,5 Millionen Angestellte, davon sind 1,2 Millionen weiblich. Für die Frau ist damit ein wesentlicher Schritt zur eigenen Unabhängigkeit geschafft. Trotzdem setzt sich die Geschlechterteilung in unterschiedlichen Berufsbildern fort: Frauen werden vorzugsweise Sekretärinnen, Stenotypistinnen und Telefonistinnen. Mit Grammophonmusik wie hier in einem Berliner Büro geht die Arbeit sicher leichter von der Hand.
Ungefähr ein Drittel aller Angestellten ist in eigenen Angestellten-Gewerkschaften organisiert. Eine eigene Vertretung ist wichtig, wie die berühmte Studie Siegfried Kracauers von 1930 zeigt: Denn ältere Angestellte, denen gekündigt wird, haben kaum eine Chance zu einem Neuanfang.