Nach dem Krieg steht Deutschland vor den eigenen Trümmern. Soziale und gesellschaftliche Verbesserungen müssen her. Deshalb werden soziale Rechte in die Verfassung von 1919 aufgenommen. Jeder Deutsche erhält einen gesetzlichen Anspruch auf eine Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung. Ein Vorbild für diese Reformen ist die Sozialgesetzgebung Otto von Bismarcks aus dem 19. Jahrhundert.
Zunächst müssen die Wunden des Krieges geheilt werden. Mehr als zwei Millionen Kriegsbeschädigte erhalten seit 1919 eine feste Rente. Hinzu kommen ca. 533.000 Witwen und 1,2 Millionen Waisen. Der Staat übernimmt die Rolle des Fürsorgers und stürzt sich dabei in immense Kosten.
Jetzt muss die Wirtschaft angekurbelt werden. Dazu sollen alle gemeinsam anpacken und auch der einfache Arbeiter zu seinem Recht kommen. Eine kleine Sensation damals: Der Arbeitstag wird auf acht Stunden begrenzt. Was für uns heute alltäglich ist, war 1918 ein großer Sieg für die Arbeiter.
Dieses einfache Prinzip machen sich 1918 die Arbeiter zunutze. Gewerkschaften werden nicht mehr nur argwöhnisch vom Staat geduldet, sondern sind gesetzlich und als gleichberechtigte Tarifpartner anerkannt. Durch Tarifverträge können sie ab jetzt gemeinschaftlich ihre Position gegenüber den Arbeitgebern stärken.
Auch die Frauen profitieren von den besseren Arbeitsbedingungen. Sie sind seit der Weimarer Verfassung von 1919 dem Mann gesetzlich gleichgestellt, dürfen wählen und Anwältinnen oder Hochschullehrerinnen werden. Seit 1927 gilt für sie ein gesetzlicher Kündigungsschutz von sechs Wochen vor und nach einer Geburt.
1927 verabschiedet das Parlament nach langen Debatten endlich eine umfassende Arbeitslosenversicherung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen je zur Hälfte ein. Erwerbslose Frauen erhalten allerdings weniger Geld als arbeitslose Männer. Im Bild die Stempelkarte für den Erhalt des Arbeitslosengeldes.
Kinder und Jugendliche sind dem Staat besonders wichtig. 1925 wird die Kinderarbeit in allen Berufen verboten. Seit 1922 übernimmt der Staat die gesetzliche Verantwortung für die Bildung der Kinder, trennt im Einzelfall sogar Kinder von ihren Eltern, wenn das Vorrecht der Eltern auf Erziehung missbraucht wird.
Staatsbürgerkunde wird deshalb als Schulfach eingeführt. Ausgerüstet mit vom Staat spendierten Verfassungsexemplaren werden alle Schüler fortan in Sachen Demokratie und Völkerverständigung unterrichtet.
Schon bald stocken die Reformen. 1923 besetzen belgisch-französische Truppen das deutsche Ruhrgebiet. Die Arbeiter im Ruhrgebiet verweigern die Arbeit. Deutsche Arbeitgeber drängen daraufhin zur Aufweichung des Achtstundentages, um die fehlende Arbeitskraft auszugleichen. Die Gewerkschaften haben dem wenig entgegen zu setzen – ihre Kassen sind leer und ihr politischer Einfluss ist letztendlich begrenzt.