Der gesellschaftliche Aufbruch geht auch an der Musik nicht vorüber. In der Weimarer Republik erblüht die so genannte Neue Musik, eine Musik, die mit neuen Klängen und neuen Formen experimentiert oder auch nach neuartigen Verbindungen alter Stile sucht. Denn viele Komponisten finden: Eine neue Zeit braucht neue Musik!
Musikalisches Zentrum der Republik ist Berlin. Das ist besonders Leo Kerstenberg, dem Musikreferenten im Preußischen Bildungsministerium, zu verdanken. Jetzt kann sich Berlin selbstbewusst neben den Kulturstädten Wien und Leipzig zeigen.
Von der Atonalität ist der Weg nicht weit zu einem ganz neuen Musiksystem: der Zwölftonmusik. Anstatt wie gewöhnlich mit acht Tönen einer Tonleiter komponieren Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern auf der Grundlage von zwölf Tönen. Das klingt eher mathematisch als musikalisch und war vorher noch nie dagewesen.
1925 wird Alban Bergs Oper "Wozzeck" in Berlin uraufgeführt. Die Musik verbindet atonale mit Zwölftonmusik und erzählt die Geschichte des unter der Gesellschaft leidenden Wozzeck nach einem Dramenfragment von Georg Büchner. Die Oper ist ein Erfolg und wird international gespielt. Unter den Nationalsozialisten wird sie als "entartet" stigmatisiert und verboten.
Die Zwölftonmusik und ihre Komponisten werden heftig kritisiert. Da hilft auch nicht, dass Arnold Schönberg 1925 die Meisterklasse für Komposition an der Akademie der Künste in Berlin übernimmt. Sein Name bleibt mit der Zwölftonmusik verbunden. Dabei wissen die wenigsten, dass Schönberg auch tonale Stücke geschrieben und darüber hinaus gemalt hat.
Obwohl sich die breite Öffentlichkeit für die Zwölftonmusik nie begeistern konnte, hinterlässt sie Spuren in der Musikgeschichte. Spätere Komponisten wie Olivier Messiaen, Karlheinz Stockhausen (im Bild) und Pierre Boulez gehen ihren Weg weiter bis zur Seriellen Musik. Bis heute komponieren experimentierfreudige Musiker in der Tradition der Neuen Musik.