Auch wenn die Anfänge des Bildjournalismus bis in die Jahrzehnte vor der Weimarer Republik zurückgehen, beginnt erst mit Aufhebung der Zensur nach dem Ersten Weltkrieg eine regelrechte Bilderflut. Die ganzseitigen Titelfotos der illustrierten Zeitungen verkaufen sich gut und auch die Wochen- und Tageszeitungen werden durch bebilderte Doppelseiten attraktiver. Das neue Rotationsdruckverfahren macht’s möglich.
Kein Motiv ist für den Fotoreporter unerreichbar: Dieser Zeitungsfotograf ist auf die Quadriga des Brandenburger Tors in Berlin geklettert, um den Einzug einer hohen Persönlichkeit am besten einfangen zu können. Die Faszination für Bilder in der Bevölkerung ist immens: Sie vermitteln den Eindruck des Authentischen. Bildern wird viel mehr als Texten zugetraut, die Wahrheit und Wirklichkeit zu zeigen.
Politiker und Persönlichkeiten werden von unzähligen Fotoreportern begleitetet, zuweilen auf Schritt und Tritt verfolgt. Der Beruf des Fotoreporters ist anstrengend und interessant zugleich: Ständig gilt es, aufregende Momente festzuhalten, um dem Leser wichtige Geschehnisse zu vermitteln. Gespannt erwarten die Pressefotografen hier das Erscheinen eines Prominenten.
Auch Urlauber an Badeorten wie hier in Swinemünde 1926 sind beliebte Motive der Fotoreporter. Nach fertiggestellter Aufnahme ist der schnelle Transport der Fotografien zur Redaktion die zweitwichtigste Aufgabe der Bildjournalisten. Manche reisen sogar mit dem Flugzeug, damit ihr Auftraggeber als erster ein Ereignis veröffentlichen kann.
Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges treten die Schrecken und Gräuel zutage, die vorher aus strategischen und propagandistischen Gründen unter Verschluss blieben. Die Aufhebung der Zensur führt zu einer unkontrollierten Bilderflut, die zum ersten Mal das wirkliche Ausmaß der Zerstörung und des Tötens zeigt.
Kleinbildkameras wie diese Ermanox sind eine kleine Sensation und ein Symbol für eine Zeit, in der jeder Moment möglichst schnell eingefangen werden soll. Dennoch arbeiten die meisten Pressefotografen weiterhin mit schweren Holzstativen und unhandlichen Balgenkameras, bei denen jedes Bild mit großer Sorgfalt vorbereitet und aufgenommen werden muss.
Ob Kabinettsitzungen oder hochpolitische Konferenzen: Erich Salomon schafft es wie kaum ein anderer Fotograf seiner Zeit, dort zu sein, wo Weltgeschichte geschrieben wird. Seine Schnappschüsse zeigen stets das Menschliche und sind nie verletzend. Durch seine charmante Art und viel Geschicklichkeit schafft es der promovierte Jurist immer wieder, private Momente berühmter Zeitgenossen einzufangen.
Das lichtstarke Objektiv der Ermanox-Kleinbildkamera macht es möglich: Erich Salomon fotografiert ungestellte Momente wie hier eine abendliche Begegnung des britischen Premierministers Ramsey McDonald mit Albert Einstein.
Legendärer Schnappschuss: Keiner schafft es, Politikern so nahe zu kommen wie Salomon. Hier bei einem Empfang des französischen Außenministers Aristide Briand im Pariser Außenministerium. Als Briand Salomon erblickt, ruft er ihm zu: „Le voilà!“ („Da ist er wieder!“).
Manche Konferenzen können lange dauern: Während der Zweiten Haager Konferenz 1930 fotografiert Salomon um zwei Uhr morgens in einem Konferenzraum den französischen Arbeitsminister Louis Loucheur, wie er sich vor Müdigkeit die Augen reibt, und den offensichtlich erschöpften französischen Ministerpräsidenten André Tardieu, halb schlafend auf der Couch.
Marlene Dietrich, 1930: Inzwischen auch in den USA großer Filmstar, telefoniert hier von ihrem Haus in Hollywood aus mit ihrer kleinen Tochter in Berlin. Das wirkliche Gespräch fand um vier Uhr morgens statt, doch die Schauspielerin lässt sich von Salomon überreden, die Situation für die Kamera zu wiederholen.
Die Konkurrenz ist groß unter den Zeitungen und den Bildjournalisten. Manchen ist deshalb kein Risiko zu hoch, um ein gutes Bild einzufangen. Hier ist 1932 ein Fotograf an der äußersten Kante des 300 Meter hohen Deutschlandsenders in Königswusterhausen bei der Arbeit.
Auch Albert Einstein bleibt von Bildmanipulationen nicht verschont und wird wie hier 1931 in einer Fotomontage zum Indianer-Häuptling. Die Technik der Fotocollage kommt zuerst in der Kunst des Dadaismus 1916 auf. Berühmt geworden sind John Heartfields politische Fotomontagen. 1924 veröffentlicht er "Väter und Söhne", eine Kritik am Ersten Weltkrieg, der seine Kinder verschlungen hat, 1932 übt er deutliche Kritik an Hitler in seiner Collage "Millionen stehen hinter mir".
Das Erscheinen von Bildreportern verleitet die Menschen zu plakativen Aktionen wie dieser zur Zeit der Wirtschaftskrise: Nur mit einer Badehose bekleidet, an der die Pfandscheine über seinen verpfändeten Besitz angeheftet sind, erscheint dieser Auslandsdeutsche auf der Tagung des Ringverbandes der geschädigten Auslandsdeutschen in Berlin.
Die Nationalsozialisten sind sich der Macht der Bilder von Anbeginn bewusst und nutzen diese für ihre Zwecke. Ganz besonders Adolf Hitler, der sich schon früh als Führer in einer für ihn typischen Rednerpose inszeniert.
Hitlers Posen muten geradezu grotesk an, doch bei seinen Parteianhängern sind sie beliebt. Hitlers Fotograf Heinrich Hoffmann macht diese Bilder um 1927 für eine Postkartenserie, die innerhalb der Partei verkauft wird.