Friedrich Ebert übernimmt im November 1918 Verantwortung in einer Situation, die kaum schwieriger sein könnte: Der Krieg ist verloren, der Staat bankrott, die Menschen hungern und im ganzen Land herrschen chaotische Zustände.
Im entscheidenden Moment ergreift er die Macht und stellt sich an die Spitze der soeben gegründeten Republik. Am 21. August 1919 wird er offiziell als Reichspräsident vor versammelter Volksvertretung vereidigt. Damit ist er das erste demokratische Staatsoberhaupt in der Geschichte Deutschlands.
Seine Worte anlässlich der Eröffnung der Nationalversammlung sprechen Bände: „Meine Damen und Herren, die provisorische Regierung hat eine sehr üble Herrschaft angetreten. Wir waren im eigentlichsten Wortsinne die Konkursverwalter des alten Regimes.“ In den sechs Jahren seiner Amtszeit gelingt es ihm, Deutschland aus dem Chaos der Nachkriegsereignisse wieder hinauszuführen. Seine Strategie, sich auf die alten Eliten des Kaiserreichs zu stützen und sie dadurch für die Demokratie zu gewinnen, scheitert jedoch.
Während seiner Amtszeit wird Ebert unablässig von rechts und links bekämpft. Die einen werfen ihm Landesverrat vor, sie beschimpfen ihn als „Bolschewisten“ und verspotten seine wenig majestätische Haltung. Die anderen bezeichnen ihn als „Arbeiterverräter“ und „Totengräber“ der Revolution.
Eberts Maxime ist es, als Beauftragter des ganzen deutschen Volkes überparteilich zu handeln. Freiheit, Recht und soziale Wohlfahrt sind die drei Grundsätze, für die er eintritt. Er macht das Amt des Reichspräsidenten zum ausgleichenden Ruhepol und zum Bollwerk der Demokratie.
Ebert bekennt sich zu seinen Wurzeln: Er ist Sohn eines Schneiders, selbst ehemaliger Sattlergeselle, wächst in der Gedankenwelt des Sozialismus auf und leugnet niemals seine Herkunft. Genau das ist den Republikgegnern ein Dorn im Auge.
Seine Grundüberzeugung heißt Demokratie. Ihm ist bewusst, dass er damit die Massen nicht in Begeisterung versetzen kann, doch bis zuletzt kämpft er für sie. „Mir war mein Lebensweg nie mit Rosen bestreut“, sagt er kurz vor seinem Tod.
Dennoch geben ihm Hunderttausende zu seiner Beerdigung das letzte Geleit. Friedrich Ebert hat die Politik seiner Zeit entscheidend geprägt. Viel mehr, als es bis heute wegen des nachfolgenden Nationalsozialismus gewürdigt wird.